Todesursache No1 in Deutschland

Die meisten Menschen in Deutschland sterben an ernährungsbedingten Herzkreislauferkrankungen: Laut aktuellen Zahlen von 2022 des statistischen Bundesamts kommen fast 35% aller Toten täglich durch Herzinfarkte oder Schlaganfälle ums Leben1. Platz 2 mit fast ¼ aller Todesursachen sind Krebserkrankungen, darunter auch Darmkrebs.

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Risikofaktor TMAO (was ist das?)

Neben bekannten, überwiegend durch individuellen Lebensstil bedingten Risikofaktoren, die ich hier nicht weiter erläutere, stellt sich jedoch als einer der größten und unerwarteten Risikofaktoren für diese chronischen Erkrankungen ein bisher eher unbekanntes und unerwartetes Molekül heraus, Trimethylamin-N-oxid, oder kurz TMAO. Interessanterweise ist TMAO zuerst in Meerestieren entdeckt worden. Das Molekül scheint unter anderem den Stoffwechsel und auch Zellstress durch erhöhten Meeresdruck in den Tieren regulieren zu können.

...dass unabhängig von allen anderen Risikofaktoren wie zB dem Cholesterinwert die Höhe der Konzentration von TMAO im Blut auf ein signifikant höheres Herzinfarkt - und Todesrisiko innerhalb von 3 Jahren hindeutet

TMAO: Ernährung – Darmflora – Leber „eine morbide Union“

2011 entdeckten Wissenschaftler dass eine bedeutende Menge TMAO auch im Blut von Patienten mit Herzinfarkt und Schlaganfällen verglichen mit gesunden Menschen zu finden war2.

Kurz danach hat man herausgefunden, dass unabhängig von allen anderen Risikofaktoren wie zB dem Cholesterinwert die Höhe der Konzentration von TMAO im Blut auf ein signifikant höheres Herzinfarkt – und Todesrisiko innerhalb von 3 Jahren hindeutet.3

In Laboruntersuchungen mit Experimentaltieren und in Humanstudien fand man dann heraus, dass TMAO unmittelbar Entzündungen in Blutgefäßen und Muskelzellen verursachen kann4 und eine Ursache für Atherosklerose, Thrombosen und ein hohes Herzkreislauferkrankungsrisiko mit Todesfolge ist4–6.

Eine hohe Konzentration TMAO im Blut eines Menschen wurde bisher neben Herzkreislauferkrankungen wie Atherosklerose, Herzinfarkt oder Schlaganfall auch in Zusammenhang gebracht mit einem schlechten Krankheitsverlauf bei Herzversagen, Typ-2-Diabetes, Nierenerkankungen, Thrombosen, Darmkrebs oder Leberkrebs5,7–10,11. Mittlerweile existieren so viele Studien, dass Forscher anhand großer Meta-Analysen immer eindeutiger die Verbindung zwischen dieser Substanz und chronischen Herzkreislauferkrankungen beim Menschen herstellen können. Menschen mit höherem TMAO Level im Blut haben zB ein 23% höheres Risiko für Herzinfarkte und eine 55% höhere Sterblichkeit als Menschen, die wenig oder kein TMAO in ihrem Körper bilden12. Eine kanadische Studie entdeckt sogar ein bis zu 9-fach erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen in Probanden mit der höchsten TMAO Konzentration im Blut13.

Wie entsteht TMAO im Menschen?

Schon 1976 hat man in einer Untersuchung herausgefunden, dass die Darm-Mikrobiota bei der Entstehung von TMA, (der molekularen Vorstufe von TMAO) ursächlich beteiligt ist14.

Die Substanz TMAO wird in der Leber aus der Oxidation von TMA (Trimethylamin) synthetisiert, ein Gas welches nach verfaultem Fisch riecht, dass ausschließlich die Darm-Mikrobiota herstellt aus in bestimmten Lebensmitteln enthaltenem Cholin, Lecithin oder L-Carnitin15.

Ich gehe in der nächsten Episode genauer darauf ein, aus welchen Lebensmittel TMAO im Körper mit Hilfe des Mikrobioms hergestellt werden kann.

Nach einer mehrwöchigen Cholin Supplementation (450 mg) erhöhte sich sukzessive die TMAO Konzentration im Blut von Probanden auf das 10x-fache und diese entwickelten gleichzeitig Thrombozytenaggregationen (Verklumpung von Blutplättchen) sowie entzündlichen Prozesse in Blutgefäß-Zellen, atherosklerotische und thromobotische Prozesse16.

Gibt man Studienteilnehmern zwei hartgekochte Eier (etwa 500 mg Cholin), kommt es schon innerhalb von etwa einer Stunde zu einem bedeutenden Anstieg von TMAO im Blut3. Die Patienten, die die höchste Konzentration an TMAO im Körper aufwiesen, hatten ein fast 3 -fach erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt oder Schlaganfall innerhalb der folgenden 3 Jahre Follow Up als die Probanden mit der geringsten Menge TMAO im Blut.

Gibt man Probanden 180 mg L-Carnitin, äquivalent zur Menge enthalten in einem ca 200 g Steak, steigt ebenfalls innerhalb von Stunden die TMAO Plasmakonzentration17.

Experimente mit Isotop-gelabeltem Cholin und L-Carnitin als Tracer belegt eindeutig, dass TMAO durch die Aufnahme dieser Substanzen im Körper hergestellt wird3,6,17.

 

In Laboruntersuchungen mit Experimentaltieren und in Humanstudien fand man dann heraus, dass TMAO unmittelbar Entzündungen in Blutgefäßen und Muskelzellen verursachen kann

Woher weiß man, dass die Darmflora an der TMAO Synthese beteiligt ist?

Den Probanden wurde in den erwähnten Studien mit L-Carnitin und Cholin für eine Woche ein Antibiotikum verabreicht, um die Darm-Mikrobiota zu supprimieren und zu kompromittieren. Nach der Antibiotika Behandlung wurde aus L-Carnitin oder Cholin kein TMAO mehr gebildet und nachgewiesen im Körper17,2. Erholt sich die Darmflora wieder nach einigen Wochen bei den Probanden erhöhte sich auch die

Fähigkeit der Darmflora wieder TMA herzustellen und TMAO wurde wieder nachweisbar.

Fazit

Mit Hilfe der Darmflora synthetisiertes TMAO verursacht unmittelbar entzündliche Prozesse im Körper und steht in Verbindung mit der Entstehung von CVD, Darmkrebs und erhöhter Mortalität, früherer Sterblichkeit. (mehr in beiden Büchern!)

Aus welchen Lebensmitteln (Andeutungen auf Ei und Steak habe ich bereits gemacht) wird TMAO gebildet, wird es immer hergestellt und kann jeder Mensch es bilden im Körper? Am wichtigsten: wie kann man das verhindern (außer natürlich einer dauerhaften Antibiotika Gabe)

Mehr dazu im folgenden Beitrag oder in meinen beiden Büchern

Referenzen

  1. Causes of death – German Federal Statistical Office. https://www.destatis.de/EN/Themes/Society-Environment/Health/Causes-Death/_node.html. Accessed June 1, 2022.
  2. Wang Z, Klipfell E, Bennett BJ, et al. Gut flora metabolism of phosphatidylcholine promotes cardiovascular disease. Nature. 2011;472(7341):57-65. doi:10.1038/nature09922
  3. Tang WHW, Wang Z, Levison BS, et al. Intestinal Microbial Metabolism of Phosphatidylcholine and Cardiovascular Risk. N Engl J Med. 2013;368(17):1575-1584. doi:10.1056/nejmoa1109400
  4. MM S, Y M, H Q, et al. Trimethylamine N-Oxide Promotes Vascular Inflammation Through Signaling of Mitogen-Activated Protein Kinase and Nuclear Factor-κB. J Am Heart Assoc. 2016;5(2). doi:10.1161/JAHA.115.002767
  5. Randrianarisoa E, Lehn-Stefan A, Wang X, et al. Relationship of serum trimethylamine N-oxide (TMAO) levels with early atherosclerosis in humans. Sci Rep. 2016;6. doi:10.1038/srep26745
  6. Koeth RA, Lam-Galvez BR, Kirsop J, et al. L-Carnitine in omnivorous diets induces an atherogenic gut microbial pathway in humans. J Clin Invest. 2019;129(1). doi:10.1172/JCI94601
  7. Pelletier CC, Croyal M, Ene L, et al. Elevation of trimethylamine-N-oxide in chronic kidney disease: Contribution of decreased glomerular filtration rate. Toxins (Basel). 2019;11(11). doi:10.3390/toxins11110635
  8. Xu R, Wang Q, Li L. A genome-wide systems analysis reveals strong link between colorectal cancer and trimethylamine N-oxide (TMAO), a gut microbial metabolite of dietary meat and fat. BMC Genomics 2015 167. 2015;16(7):1-9. doi:10.1186/1471-2164-16-S7-S4
  9. Org E, Blum Y, Kasela S, et al. Relationships between gut microbiota, plasma metabolites, and metabolic syndrome traits in the METSIM cohort. Genome Biol. 2017;18(1):1-14. doi:10.1186/s13059-017-1194-2
  10. Trøseid M, Ueland T, Hov JR, et al. Microbiota-dependent metabolite trimethylamine-N-oxide is associated with disease severity and survival of patients with chronic heart failure. J Intern Med. 2015;277(6):717-726. doi:10.1111/joim.12328
  11. S B, CM U, ML N, et al. Plasma choline metabolites and colorectal cancer risk in the Women’s Health Initiative Observational Study. Cancer Res. 2014;74(24):7442-7452. doi:10.1158/0008-5472.CAN-14-1835
  12. Qi J, You T, Li J, et al. Circulating trimethylamine N-oxide and the risk of cardiovascular diseases: a systematic review and meta-analysis of 11 prospective cohort studies. J Cell Mol Med. 2018;22(1):185-194. doi:10.1111/jcmm.13307
  13. A M, K C, H A, et al. The Relationship Between Trimethylamine-N-Oxide and Prevalent Cardiovascular Disease in a Multiethnic Population Living in Canada. Can J Cardiol. 2015;31(9):1189-1194. doi:10.1016/J.CJCA.2015.06.016
  14. Simenhoff ML, Burke JF, Saukkonen JJ, Wesson LG, Schaedler RW. Amine metabolism and the small bowel in uraemia. Lancet (London, England). 1976;2(7990):818-821. doi:10.1016/S0140-6736(76)91207-1
  15. Rak K, Rader DJ. Cardiovascular disease: The diet-microbe morbid union. Nature. 2011;472(7341):40-41. doi:10.1038/472040a

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